Immer wieder bekommen wir die Frage gestellt, wann Glasuren zur Herstellung von Ess- und Trinkgeschirr geeignet sind bzw. ob eine Glasur „lebensmittelecht“ ist! Leider ist die Problematik nicht so einfach zu beantworten, da zum Einen das Wort „lebensmittelecht“ kein Begriff aus der keramischen Technik ist und zum Anderen ggfs. eine Vielzahl von Vorschriften hierbei betrachtet werden müssen.


1) Was ist der Unterschied zwischen der Kennzeichnungspflicht des Glasurrohstoffes und der „Giftigkeit“ einer gebrannten Glasur?

Um Missverständnisse vorzubeugen, handelt es sich bei der Fragestellung nach der „Giftigkeit“ der gebrannten Glasur um eine anwendungstechnische Frage, die nichts mit der Kennzeichnungspflicht laut Gefahrstoffverordnung von unseren pulverförmigen und flüssigen Produkten zu tun hat! Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt sowohl Glasuren, die vom Rohstoff her kennzeichnungspflichtig laut Gefahrstoffverordnung sind, aber dennoch problemlos für Ess- und Trinkgeschirr verwendet werden können (das liegt daran, dass der Gefahrstoff beim Brennen in Bindung übergeht und anschließend nicht mehr löslich ist). Dem gegenüber stehen Glasuren, die kennzeichnungsfrei sind und dennoch z.B. aufgrund schlechter Säure- und Spülmaschinenbeständigkeit oder aber durch die Überschreitung von Löslichkeits-Grenzwerten (s.3)) nicht für Geschirr verwendet werden dürfen oder sollten!



2) Welche Eigenschaften machen eine gute Geschirrglasur aus?

Im Gegensatz zur gesetzlich bindenden Gefahrstoffverordnung sind die Angabe von anwendungstechnischen Eigenschaften für uns als Händler nicht verpflichtend. Dennoch haben wir uns entschieden, die beiden „Kern-Kriterien“ wie Säurebeständigkeit und Spülmaschinenbeständigkeit im Rahmen unserer Möglichkeiten zu testen und unter dem Register „Spezifikation“ anzugeben (dort, wo es Sinn macht). Unter Säurebeständigkeit versteht man meistens den rein „optischen Abrieb“ durch säurehaltige Lebensmittel (z.B. durch Frucht- und Milchsäuren). Zum Testen hierfür gibt es leider nicht „die Norm“ sondern mehrere unterschiedliche Herangehensweisen. Wir haben uns entschieden, die gebrannte Glasur für 20 Stunden mit Essigessenz (25%-ige Essigsäure) zu behandeln. Anschließend wird die behandelte und die unbehandelten Oberfläche miteinander verglichen. Es gibt bei der Auswertung dieser Ergebnisse leider keine „Ja-Nein-Logik“ d.h. es gibt Glasuren, bei denen sich die Glasur nach der Säurebehandlung völlig ablöst (z.B. niedrig brennende Goldglasuren), und andere Glasuren, wo nur die Oberfläche eine Nuance rauer wird (wenn man mit dem Fingernagel darüber kratzt). Da kritische Endkunden diese Erscheinung unter Umständen als einen Mangel ansehen können, haben wir in beiden Fällen die Glasur als „nicht säurebeständig“ bezeichnet. Je nach Brennkurve und gewollten Produkteigenschaften (z.B. Butterdose) muss im Zweifelsfall der Keramiker diese Werte erneut unter seinen Bedingungen testen.

Die Spülmaschinenbeständigkeit ist ähnlich zu betrachten wie die Säurebeständigkeit d.h. nach einer bestimmten Anzahl von Geschirrspülgängen wird durch die Waschlauge der Oberflächenverschleiß mehr oder weniger stark forciert. Die Glasuroberfläche wirkt dann erst meist ein wenig irisierend und verblasst dann allmählich.

Neben diesen beiden Kernkriterien gibt es noch eine Vielzahl von Kriterien, die eine gute Geschirrglasur ausmachen. Hier können wir auf gezielte Anfrage nur Anhaltswerte nennen, da aufgrund der Abhängigkeit dieser Eigenschaften von der Brennkurve sehr unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten sind. Zu diesen weiteren Kriterien zählt z.B. die Ritz- und Abriebhärte einer Glasur. Während man unter der Ritzhärte das Verletzten der Oberfläche mit einem sehr harten Gegenstand versteht (z.B. durch ein Keramikmesser), bedeutet die Abriebhärte der sichtbare Abrieb eines eloxierten Messers (graue Abriebspuren, die oft mit Essigessenz gut zu entfernen sind). Hierbei liegt es in der Natur der Sache, dass je glatter eine Glasur ist, desto weniger Abrieb zu erwarten ist. Insbesondere bei Steinzeugglasuren kann der Keramiker meist die Glasurglätte durch eine Erhöhung der Brenntemperatur selbst beeinflussen. Als weiteres Kriterium einer guten Geschirrglasur wäre noch eine ausreichende Kantenschlagfestigkeit zu nennen. Hierbei wäre neben einer spannungsarmen Keramik (Wärmedehnung von dem Scherben sollte geringfügig höher als die von der Glasur sein) vor allem eine angepasste Produktgeometrie zu erwähnen, die der Keramiker ebenfalls selbst beeinflussen kann (z.B. abgerundete Tellerränder). Als letztes gängiges Kriterium wäre noch die Mikrowellenbeständigkeit zu betrachten. In vielen Fällen wird eine schlechte Mikrowellenbeständigkeit nicht durch die Glasur, sondern durch einen porösen Scherben verursacht. Durch das Aufsaugen von Luft- oder Spülfeuchtigkeit erwärmt sich folglich der Scherben im Mikrowellengerät stärker als manchmal die Speise – hier hilft es stets, einen dichten Scherben (Steinzeug) herzustellen. Natürlich gibt es auch die Sonderfälle, bei denen bestimmte Effektglasuren (Metallglasuren) metallische Ausscheidungen an der Glasuroberfläche aufweisen. Dieses geht mit einer Funkenbildung im Mikrowellengerät einher! Da solche Glasuren fast alle nicht säurebeständig sind, erübrigt sich meistens die Durchführung spezieller Mikrowellentest!



3) Was muss der Geschirr-Keramiker prüfen lassen?





Jetzt kommen wir zu einem Punkt, für den ausschließlich der Geschirrkeramiker selber verantwortlich ist! Da wir nicht den Produktionsprozess in der Keramikwerkstatt kennen, muss jeder Keramiker, der Geschirr an Dritte zugänglich macht (egal ob entgeltlich oder unentgeltlich) in einem akkreditierten Labor die Schwermetall-Löslichkeit anhand eines gebrannten Probeobjektes bestimmen lassen. Es könnte zum Beispiel im Falle von Blei sein, dass die Glasur bleifrei ist (Anm.: Bleiglasuren führen wir schon seit Jahren nicht mehr), aber dennoch früher viele Bleiglasuren in dem Brennofen gebrannt worden sind! Somit gehen die Dämpfe bei jedem Brand auf die neuen Keramiken über und kontaminieren diese!

Welches die zu prüfenden Schwermetalle es sind und wie hoch die zulässigen Löslichkeitskonzentrationen sind, das ist vom Bestimmungsland und dem Bestimmungszweck abhängig (z.B unterliegen Geschirre mit Motiven, die gezielt auf Kinder gerichtet sind, lokal teilweise deutlich strengeren Richtwerten als Geschirre für Erwachsen). In Deutschland vertriebene Keramikartikel gelten derzeit rechtlich bindend nur die Grenzwerte für die Blei- und Cadmiumlässigkeit – in Österreich ist es z.B. die Zink-, Antimon- und Bariumlässigkeit zusätzlich. Da die medizinische Forschung fortschreitet, sind auch in Deutschland die Einführung weiterer Löslichkeitsgrenzwerte in Planung. Es gibt in der Tat Prüfer (auf Märkten und Kunstausstellungen), die diesen zukünftigen Gesetzesentwicklungen vorgreifen (auch wenn sie derzeit noch nicht in das deutsche Gesetz umgesetzt worden sind) und auch weitere Prüfungen auf die Säurelässigkeit von Kobalt, Chrom, etc. fordern!

Damit der Geschirrkeramiker nicht in eine rechtliche Misslage gerät, sollte er anhand eines Probestückes pro Glasur/ Geschirrserie die Prüfung durchführen lassen. Labors gibt es unterschiedliche – bei Keramikern wird für die Prüfung der Blei- und Cadmiumlässigkeit gerne das Labor in Meißen hergenommen Link: M.U.T. Meißner Umwelttechnik GmbH . Wenn die Grenzwerte eingehalten worden sind, dann kann der Geschirrkeramiker sich eine Konformitätserklärung (Eigenerklärung) recht einfach erstellen und auf Verlangen diese jedem Kunden und Prüfer vorweisen! Dann darf der Geschirrkeramiker auch das oben abgebildete „EU-Geschirr-Logo“ auf seine Geschirre stempeln oder malen. Wie sieht so eine Erklärung aus – einfach bitte einmal eine Internetsuche „Konformitätserklärung Porzellan“ ausführen, da wird man schnell fündig!

In Anbetracht des Absatzes 2) ist allerdings die EU-Konformitätserklärung bzw. das entsprechende Geschirr-Logo nur die halbe Wahrheit! Der Geschirrkeramiker könnte nur sein Augenmerk auf die Löslichkeit laut dieses Abschnittes 3) legen (EG 1935/2004 mit den Prüfrichtlinien 84/500/EWG inklusive 2005/31/EWG), aber dennoch Glasuren verwenden, die sich mit säurehaltigen Lebensmitteln abnutzen, nicht spülmaschinenbeständig etc. sind. Das würde schnell zu Reklamationen durch den Geschirrbenutzer führen!

Oft erhalten wir in diesem Zusammenhang die Frage, wie giftig die gebrannte Glasur ist. Dazu können wir leider keine Auskunft geben, da wir keine Mediziner sind. Hierzu sei auf die toxiologischen Fachgremien verwiesen! Die Konformitätserklärung kann nur einen Aufschluss darüber geben, ob die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden oder nicht. Für alle Stoffe, für die es derzeit noch keinen gesetzlichen Grenzwert (für Keramik) gibt, ist eine Beurteilung extrem schwierig. Jeder, der schon einmal einen Säuretest anhand einer kleinen Glasurprobe selber durchgeführt hat und nach einem Tag Behandlung sieht, dass die Säure sich grün färbt (z.B. Kupfer), der ist meist auch in der Lage, sich seine eigene Meinung zu dieser Thematik zu bilden.



4) Welche Alternativen gibt es zur externen Prüfung?

Diese Aussage ist leider nicht rechtsverbindlich zu beantworten. Bei Hobbytöpfern, die ihr Geschirr ausschließlich für den Eigenbedarf produzieren, empfehlen wir die Verwendung von säurebeständigen und cadmiumfreien Glasuren. Wenn zudem ausgeschlossen werden kann, dass ein alter Brennofen verwendet wurde, in dem früher vielleicht Bleiglasuren gebrannt worden sind, dann sollte der Hobbytöpfer auf der sicheren Seite sein.

Bei Verwendung von Glasuren für Geschirr in Schulen ist die Lage leider noch viel irreführender. Hier schreibt der Versicherungsträger (Deutsche gesetzliche Unfallversicherung) in der Richtlinie DGUV Regel 113-018 vor: "Essgeschirre und Trinkgefäße dürfen nicht mit Glasuren versehen werden, in denen Schwermetalle enthalten sind". Dieser Ansatz ist vielleicht gut gemeint, aber dennoch wirft er die Frage auf, woher der Lehrer wissen soll, ob Schwermetalle in der Rezeptur vorhanden sind. Er hat zwar bei uns die Möglichkeit, expliziet ein aktuelles Sicherheitsdatenblatt SDB des Glasurrohstoffes anzufordern - dort werden aber nur Schwermetallverbindungen aufgelistet, die als Gefahrstoff bekannt sind. Alle anderen Schwermetallverbindungen ohne gefährende Wirkung z.B. Zinnoxid oder Cadmium-Einschlusspigmente werden im Regelfall dort nicht gelistet!

Wie an oben stehenden Ausführungen deutlich wird, ist die gesamte Thematik recht komplex und unterliegt ständigen Änderungen durch den Gesetzgeber. Die einfache Kennzeichnung einer Glasur mit einem einzigen Logo „Geschirr geeignet“ würde zwar die Auswahl einer geeigneten Glasur für den Laien enorm erleichtern – leider ist eine solche Vorgehensweise (auch wenn einige Wettbewerber das so handhaben) nicht mit deutschem bzw. europäischen Gesetz vereinbar.